4. Volvo-Bertone-IG am 09.Oktober 2004
Treffen
Der Graf von Berg ruft!
Zu
den bergischen Waffe(l)n riefen Wilfried und seine Frau
Monika, die unermüdlichen Organisatoren der halbjährlichen
Treffen der Volvo-Bertone-Freunde. Diesmal hieß es frei nach
dem Motto: Volvo-Bertonianer aller Länder, vereinigt Euch: Wir
treffen uns zu einer herbstlichen Clubausfahrt ins Tal der
Agger und durch / über die Rheinisch-Bergischen Täler und
Höhen auf den Spuren der Fabrikantenfamilie Freidrich Engels
(ja, genau: auch seinen, allerdings eher noch denen seines
Vaters). Der Engels-Clan, wie man heute sagen würde, hat im
oberbergischen Engelskirchen (das hieß bereits vor "Engels"
und seiner "evangelischen Kirche" so, wie man erfuhr!) der
Nachwelt eine Industrieanlage hinterlassen, welche heute als
gehegtes und gepflegtes Industrieerbe (Rheinisches
Industriemuseum, Schauplatz Engelskirchen, Baumwollspinnerei
Ermen und Engels) einen informativen Besuch allemal wert ist.
Vierzehn Fahrzeuge der
Typen Volvo 262C und 780 Coupé, einst vom italienischen
Meister Nuccio Bertone im Auftrag schwedischer "Stahlbarone"
und der "Nachfahren ehemaliger Kugellagerhersteller" mit
eingstandenem Mangel an eigenen Karosserie-Couture-Fähigkeiten
kreiert, trafen sich an der Autobahn A4, Höhe Rastplatz
Aggertal, bei herrlichem Herbstwetter. Der Nebel kroch aus den
Tälern, kräftige Sonnenstrahlen blitzten durch die klare
Herbstluft, über buntes Laub und funkelnde Bachläufe hinein in
die Glashubdächer der 7er-Reihe und wärmten das Vinyl der
262er in lange nicht gekanntem Maß. Einige dieser automobilen
Schätze dürfen ihre Domizile mittlerweile ja nur noch so
selten verlassen, daß es für sie ein Hochgenuss gewesen sein
muß, zum Abschluß der Saison noch einmal ein so herrliches Bat
glitzernder, wärmender Herbstsonne nehmen zu können.
Ausgerüstet mit "Road Book", einem Notfallkit,
diversen Volvo-Devotionalien und einem Polkagrisar zogen die
Youngtimer-Volvos in einem improvisierten Corso von der
Autobahn hinüber nach Engelskirchen. Dort gaben sie auf dem
Hof der alten Fabrikanlage ein erstes Stillleben automobiler
Ästhetik ab. Eine kleinere optische Panne konnte dabei
übrigens gleich behoben werden: Die örtliche Feuerwehr, auf
dem gleichen Gelände aus Gründen des Strukturwandels
angesiedelt, konnte per Amtshilfe den Verdauungsspuren eines
holländischen Großvogels, auch Möwe genannt, auf der
bekanntermaßen weit ausladenden Tür eines ansonsten
hochglanzpolierten 262ers aus den Niederlanden erfolgreich zu
Leibe rücken. Das Ergebnis: erst Fotos und viel
Wiedersehens-Hallo. Sehr erfreulich auch, daß diesmal hoher
Besuch aus Schweden begrüßt werden konnte: Hans Hartmann,
Geschäftsführer der Firma GENUINE CLASSIC PARTS, dem offiziell
autorisierten Sammler, Verwerter und Vermittler der
ausgemusterten Ersatzteillagerbestände von Volvo, der mit
seiner Familie und - als eine von zwei wohlwollend gewährten
Ausnahmen von der Typen-Pflicht für diesen Ausflugstag - mit
einem klassischen 240er Kombi sowie Rat und Tat in Fragen der
Ersatzteilversorgung und mit Insiderinformationen aufwartete.
Das Kulturprogramm sah nun die Besichtigung der
erhaltenen Fabrik vor. Kenntnisreich geführt, gab dieser
Programmpunkt Aufschluss über die Ingenieurskunst des 19.
Jahrhunderts, die Nutzung der Wasserkraft der Agger für
Elektrizität und Mechanik. Die Großproduktion von Baumwollgarn
wurde erläutert, und man erhielt einen Eindruck von den
sozialen und kulturellen Bedingungen des Lebens in der
Industriewelt des Bergischen und Oberbergischen Landes in
dieser Zeit. (Selbst eine evangelische Kirche ließ F. Engels
in dem sonst katholischen Engelskirchen auf dem Firmengelände
errichten). Immerhin hat genau diese historische Episode
weltweite Auswirkungen nach sich gezogen. Aber, wie hieß es in
der Einladung unseres bergischen Gastgebers Wilfried: "...wir
wollen nicht politisch werden..."!
Nebenbei ergab sich
die Möglichkeit, während eines Abstechers in die
Sonderausstellung über die Entwicklung der Küchenkultur von
den Anfängen (der buchstäbliche "Ein"-topf über dem offenen
Feuer) bis zur Designerküche von heute, auch die eigene
historische Entwicklung nachzuerleben. Wer hätte nicht sofort
beim Anblick eines der alten Kohleöfen an seine eigene Jugend,
an seine Großeltern usw. gedacht! Alles in allem: ein
ungeheuer informativer Vormittag, der einen zünftigen
Abschluss bei Kartoffelsuppe und Würstchen in einem eigens
hergerichteten Gastraum im ehemaligen Baumwolllager des
Fabrikgebäudes fand. Als krönendes Finale der
Engelskirchen-Episode wurde im Garten der Fabrikantenvilla ein
neuerliches automobiles Stillleben gestaltet, das in den
zahlreich mitgeführten Kameras ein bleibendes Zeugnis erhielt.
Was die Kameras nicht festhalten konnten: Wilfried suchte und
fand hier die Möglichkeit, nahezu jeden der 262er und 780er
einer wnn auch kurzen Probefahrt zu unterziehen. Er dürfte
damit jetzt den fundiertensten Überblick über die technische
Situation der erhaltenen Volvo-Bertone haben, den man sich
denken kann, sowie die derzeit zuverlässigen Aussagen über den
mittleren Füllungsgrad von Aschenbechern und Türablagefächern
machen können. Das Beste: es gab nicht eine Beule!
Dann ging es auf nach
Remscheid. Die Route war, das muß man freimütig einräumen,
grandios. Wer so etwas in Cornwall oder in den Vogesen sucht
und gefunden zu haben glaubt, wird sich wundern, daß
dergleichen im ach so nah liegenden NRW möglich ist: Cruisen
über Straßen, die im Vereinigten Königreich das Attribut
"C-Road" mühelos verdient hätten! Kurven, die den bizarresten
Bachläufen kritiklos folgten! Und, man glaubt es kaum, die
selbst kultivierte 262er zu dezentem Driften und Burnouts beim
Beschleunigen aus den Kehren in den teilweise alpinen
Anstiegen verführten!
Dann aber war es so weit:
Der Ruf des bergischen Grafen zu den Waffe(l)n, und - wie es
sich zeigte - an eine mit Liebe und Akribie hergerichteten
Grburtstagskaffeetafel inclusive einer von der Gattin
spendierten Bertone-Spezialtorte! Denn, jetzt wurde es klar:
Wilfried, Organisator und, zusammen mit seiner Gattin, Seele
der IG, hatte sich den größten Geburtstagswunsch selbst
erfüllt, indem er den Tag des Treffens geschickt auf den
seines Geburtstags gelegt hatte. Und so erfuhr man, im Rahmen
eines unterhaltsamen Quiz´, was beispielsweise Wilfrieds Vater
am 9.10.1953 getan hatte. Das besagte Quiz, ein
Geschicklichkeits- und Wissensspiel rund um die Volvo-Bertone,
wurde zu einem mit verbissenem Sportsgeist ausgetragenen
Wettbewerb. Am Ende erhielten allerdings nicht nur das
Siegerteam, sondern auch der Bertone-Besitzer mit der
weitesten Anreise (aus der Schweiz!) und - foul is fair - der
traurige Letztplatzierte des Kräftemessens um Drehmomente und
Detailwissen Preis und Anerkennung. Hier dankt die IG in
besonderer Weise Herrn Hans Hartmann von der Firma GENUINE
CLASSIC PARTS, der die Siegerpreise zur Verfügung stellte.
Danken wollen wir auch und ganz besonders den
Organisatoren für die vielfältigen Mühen (erinnert Ihr Euch an
die riesige Torte mit dem Foto der Autos vom vergangenen 3.
Treffen: vor dem Ahrweiler Winzerverein?) bei der Vorbereitung
eines gelungenen, sehr schönen Tages und für ihre herzliche
Gastfreundschaft. Sie haben es fertig gebracht, nicht nur eine
Fülle gleichgesinnter Volvo-Enthusiasten, sondern auch den
dazu gehörenden riesigen Fahrzeug-Pulk bei sich zu Hause
unterzubringen und damit einmal mehr für ein unvergessliches
Erlebnis gesorgt.
Gereon und Lothar Deres
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