780 Bertone Coupé

Oder: Wie sich mein Jugendtraum erfüllte

Im Jahre des Herrn 1989 habe ich es gesichtet, das Volvo 780 Bertone Coupé, präsentiert im Entré zu den Heiligen Hallen der Karosserieteilefertigung von Volvo-Olofström. Welch ein Auto! Hier schlugen die Emotionen höher. Ein Jaguar im Volvo-Kleid? Was war zu der Zeit nicht alles an und in diesem Auto, was technisch auf dem Ausstattungsmarkt angeboten wurde. Es fehlte nichts, außer Aibag und Kühlfach für Getränke. X-Mal bin ich um dieses Auto geschlichen, habe hier und da die Perspektive variiert. Stille lag über dem Präsentationbereich der Empfangshalle – eine magische Stille. War es nur technisches Design aus Blech geformt, oder war es Design und Technik was da auf Rädern stand?



Längst waren meine Kids mit dem Assistenten des Personalmanagers in die Besucherräume entschwunden. Ich schlich noch immer um das Auto herum, als ich jäh aus meinen Träumen gerissen wurde und an der Werksführung teilnehmen musste. Diese war extra für meine Jugendgruppe arrangiert worden und vereinfachte sich zu einem notwendigen Muß. Welch eine magische Kraft von dieser Karosserie auszugehen schien, merkte ich schmerzlich, als ich beim Verlassen der Empfangshalle vor einen Türrahmen tölpelte.

Der Schmerz war schnell vergessen, denn die zwei Wochen Jugendfreizeit in Olofström sollten noch ihren Volvo-Hit bekommen. Am Ende der Führung gab es noch einen kleinen Small-Talk und für mich einen Besuchstermin zwei Tage später auf der Volvo-Sicherheits-Trainingsanlage. Keck fragte ich, ob dort auch 780er zur Verfügung stünden, entschuldigte mich aber im gleichen Atemzug für mein Ansinnen. Der Tag, die Stunde kam, ich bekam einen Autoschlüssel in die Hand und wurde mit Instruktionen zu einem Garagentrakt geführt. Was ich denn für einen Volvo fahre, wollte einer wissen. Einen 245er Diesel. Ob ich schon mal einen 700er gefahren habe? Ja, leihweise einen 760 GLE. „Dann kennen Sie das Auto ja noch gar nicht!“
Ich stand vor einem 780er und der Schlüssel in meiner Hand gehörte dazu. Ja, liebe Leute, Max aus Deutschland in einem 780er auf Rundkurs. Mutter hätte den besten Käsekuchen backen können, ich hätte ihn stehen lassen. Mein puristischer 245er Diesel und dann diese 780er Sänfte! So sind sie nun mal diese Schweden: nett, freundlich, teilweise kühl und nüchtern. Genauso ernüchternd war es, als mir der Fahrzeugneupreis mitgeteilt wurde. Aus der Traum.




Nüchtern und sparsam fuhr ich weiter meinen 245er Diesel. Der Prospekt verschwand im Schrank, bis ich, der Zufall wollte es wohl so, 1998 mit einem 780er-Fahrer bekannt gemacht wurde. Die Erinnerungen wurden wieder wach. Jahrelang waren die Prospekte im Schrank geblieben, nun wurden sie wieder heraus-geholt. 1999 wird der Traum wahr, der Erstbesitzer will seinen 780er mit Multi-Link-Hinterachse aus Altersgründen verkaufen. Nach Beseitigung einiger Blessuren ist sein Heimathafen heute Remscheid.

Wenn ich ihn bei schönem Wetter ausfahre, habe ich nur noch Zeit, fahre auf der Autobahn mit 120 km/h rechts, genieße das lautlose Gleiten in den vorzüglichen Volvositzen und lächele müde über die Lichthupies, Black-Window-Fratzen und sonstige Drängler.